„Der Wunsch
Ihres Vaters“, sagt der Analytiker, „soll Ihnen also nicht nur Befehl - er soll
also auch Ihr Wunsch sein.“
Verlassen wir
an dieser bedeutsamen Stelle den Schauplatz der Analyse, und kehren wir zu unserer
Intervisionsgruppe zurück, die sich vier Wochen nach der oben beschriebenen Gruppensitzung
wieder trifft. Und hören wir, wie der Lösungsorientierte zu einer verspäteten Retourkutsche
gegen die Theoretikerin ausholt. Diese hatte am Ende der letzten Gruppensitzung
die Frage aufgeworfen, ob es sich beim „Zeitproblem“ der Analysandin A überhaupt
um Übertragung handle - eine Frage, die auch wir gestellt haben -, um dann vom Konzept der „Psychoanalyse
als Arbeit“ zu sprechen, ein Konzept, das wir, hiermit sei es zugegeben, genauso
wie jene Frage, von der Theoretikerin übernommen haben.
Das „neue
Material“ - über das Auftreten der Unpünktlichkeit der
Analysandin im Klarinettenunterricht und bei den Projektbesprechungen –, würde,
so der Lösungsorientierte, eindeutig auf eine „klassische Übertragungsreaktion“
hinweisen. Die Analysandin behandle ihren Analytiker so wie ihren neuen Chef
und die Klarinetten-Lehrerin. In allen drei Fällen (Klarinettenunterricht,
Projektbesprechungen, Analyse) drücke ihre Unpünktlichkeit ihre ambivalente
Beziehung zu ihrem Vater, resp. zu anderen Vaterfiguren aus. Denn auch wenn die
Klarinetten-Lehrerin eine Frau sei, habe der Vater den Klarinetten-Unterricht
initiiert – jedenfalls identifiziere die Analysandin ihn, den Musikliebhaber
und verhinderten Komponisten, mit den Klarinetten-Stunden - die
Klarinetten-Lehrerein sei eine „Agentin des Vaters“.
Und dann betont
der Lösungsorientierte, ähnlich wie in der letzten Gruppensitzung, daß die Analysandin,
indem sie nun auch dem Analytiker gegenüber „die Unpünktliche spiele“, und ihm dadurch
die Möglichkeit gäbe, ihr zu helfen, die Hintergründe ihrer Unpünktlichkeit zu verstehen,
die Chance habe, diese ihre Unpünktlichkeit zu überwinden.
„Darum“, kontert
die Theoretikerin, „daß die Analysandin ihre Unpünktlichkeit überwindet , geht
es vielleicht gar nicht. Sie denken lösungsorientiert
– und nicht analytisch. Abgesehen davon, daß das 'Zeitproblem' der
Analysandin den Rahmen, in dem die 'Klärung seiner Hintergründe' stattfinden soll,
sprengen könnte; und abgesehen davon, daß eine 'Klärung der Hintergründe' als solche nicht unbedingt eine
Verhaltensänderung nach sich ziehen muß - sollten wir uns, noch bevor wir nach
Lösungen suchen, fragen, ob wir wissen – oder wissen wollen -, was denn überhaupt das Problem ist.“
wird fortgesetzt
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