Sonntag, 28. April 2013

Zizek in Teheran (41)

Jedoch begrüße ich die Tischgenossen sehr wohl, und verabschiede sie, während ich das Ess- und zugleich Wartezimmer verlasse, begebe ich mich durch die Küche in das Analysezimmer, wo mich, auf der Couch liegend, der Gefängnisarzt erwartet.

Daß er vor Monaten verschwunden ist, ohne den April zu bezahlen, einfach so, weißt Du noch, LeserIn? Dann der Auftritt als islamischer Geheimpolizist, wenn auch humanistisch gebildet (Ovid usw.), in der Polizeiambulanz. Im Gefolge des Nehru.

Ich setze mich.

Er schweigt.

Ich schweige.

Gegeneinander.

- Wie sind Sie …?

- Durch die Hintertür.

Hätte er den richtigen Eingang benützt, wäre er über Wartezimmer (zugleich Ess- und Schlafzimmer - im Wartebereich steht ein Sofa mit Ausziehbett) und Küche in das Analyezimmer gelangt. Siehe oben. Durch die Hintertür kommt man vom Analysezimmer direkt in den Garten. Oder umgekkehrt.

- Sie haben die Analyse abgebrochen. Sie haben keinen Termin.

- Sie haben doch - meinen Platz nicht vergeben?

Ich will sagen: Das geht Sie nichts an.

Wir schweigen.

Wieder.

Gegeneinander.

- Es ist ein wirklicher, das heißt für mich subjektiv gewisser Vorgang, daß ich die Seele, unzwar wahrscheinlich die ganze Seele des Professors vorübergehend im Leibe gehabt habe. Es war ein ziemlich umfangreicher Ballen oder Knäuel, den ich am ehesten mit einem entprechenden Volumen Watte oder Spinngewebe vergleichen möchte, der mir im Wege des Wunders in den Bauch geschleudert

- Aufhören!

Ich höre mich schreien.

- Auf--ren!

Noch nie, LeserIn, hat sich in der Analyse die Analytiker-Stimme über die Zimmerlautstärke erhoben.

Oder?

- Oder was? Holen Sie die Polizei?

Der Gefängnisarzt lacht. Hoch und künstlich und kurz.

- Sie kennen den Text.

Daß er Text und nicht Schrift sagt, hat eine Relevanz. Die sich später zeigen wird.

Oder auch nicht.
  
wird fortgesetzt

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