Montag, 25. März 2013

Zizek in Teheran (36)

Der Gefängnisarzt ein Agent der Behörden? Mein Analysand? Hat er mich verpfiffen? Ist er abhanden gekommen, um mich zu verpfeifen? Was gibt es bei mir zu verpfeifen? Er hat die Schrift zu verbreiten versucht. Indem er sie immer wieder rezitierte. Statt zu assoziieren. Ich bin Analytiker. Ich werde ihn verpfeifen.

Aber wenn er ein Verbreiter der Schrift ist, kann er nicht islamischer Geheimpolizist sein. Wenn auch humanistisch gebildet.

Und warum nicht?

Der Gefängnisarzt, Analysand und islamisch-humanistischer Geheimpolizist, fährt fort, Ovid zu (re)zitieren. Mit dem ganzen Pathos Teherans. Fama. Metamorphosen, Buch 12:

Fama erkor sich die Statt und wohnt in der obersten Feste.
Tag und Nacht ist es offen, und ganz aus tönendem Erze
               Hallet es ganz und erwidert den Laut, das Gehörte verdoppelnd.

Was die Schrift betrifft
, gibt es die Verfasser, die Verbreiter unddie Mitwisser. Als er Mitwisser sagt nimmt mich Nehru noch schärfer ins Visier als ohnehin schon. Und mit dem ganzen Pathos von Teheran. Wie der Gefängnisarzt.

Was ist die Schrift?

Nehru lächelt. Sehr franziskanisch.

Sie wissen, und wir wissen, daß Sie wissen, und Sie wissen, daß wir wissen, daß Sie –

Sehr Süditalienisch.

Was interessiert Euch an der Schrift?

Sagen wir: Die Schrift interessiert sich für uns?

Sagt Nehru.

Und der Gefängnisarzt nickt.

In der Tiefe des Raumes hüpft die Snack. Auf und ab. Damit ich sie sehe. Trotz der aus Nehru und den Immerkleinerwerdenen bestehenden Mauer. Die Snack ist klein. Ich mag das. Sie will mir etwas bedeuten, beachte die Doppeldeutigkeit, LeserIn, von Sie will mir etwas bedeuten, indem sie die Hände auf und abbewegt, und ihre Lippen seltsame Formen formen, geradezu obszön, will die Snack mir etwas bedeuten. Die Bewegungen ihrer Hände und ihrer Lippen sind nicht pathetisch. Sondern dringlich.

wird fortgesetzt

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