Mittwoch, 26. Dezember 2012

Zizek in Teheran (21)

Schirin sitzt wieder links von mir. Auf dem Ohrensessel. Wie die Grazer sagen. Süß ist das Lächeln der Mädchen in Teheran. Ich sitze noch immer, d.h. wir, in einer Art Zuschauerraum, und schauen zu einer Bühne hinauf. Zusammen mit meinem Feauteuil, Du erinnerst Dich, LeserIn, bin ich ja vorhin versunken.

Süß ist das Lächeln der Mädchen in Teheran. Islamisch oder nicht. Als sei gar nichts gewesen.
„Es war ja auch nichts. Sie glauben doch nicht, daß ein islamisches Mädchen Erlebnisse hat.“
„Ich bin Analytiker. Erzähl keinen Schmonzes.“

Augen, so groß wie Schirins, wollen nicht sehen, sondern sagen. Je größer desto mehr. Als tausend Worte. Jetzt sagen sie: Schau! Ich schaue. Aber es  ist nicht mehr Schirin. Sondern links von mir - Du errätst es, LeserIn? Nein? – sitzt Narges.





Der Abstand zwischen dem vorangegangenen Absatz und diesem hier ist Absicht. Da gibt es nichts mehr zu sagen.
Oder: Kennst Du Carnival Of Souls? Ein No-Budget-Horrorfilm, 1962, mit Candace Hilligoss in der Rolle der Organistin Mary Henry. Sie befindet sich mit zwei anderen jungen Frauen in einem Auto, das in einen Fluß stürzt. In Lawrence/Kansas. Drei Stunden nach dem Unfall taucht sie verstört aus dem Fluß auf. Was passiert ist, und wie sie es geschafft hat, als Einzige zu überleben, weiß sie nicht mehr. Weder das Unfallauto noch die Leichen der beiden anderen werden gefunden. Mary zieht nach Salt Lake City und arbeitet als Organistin in einer Kirche. Es geschehen seltsame Dinge. Zeitweise scheinen die Anderen Mary weder zu sehen noch zu hören. Am Ende, nachdem Mary spurlos verschwunden ist, wird das Unfallauto gefunden. Darin sieht man, in der letzten Einstellung, die Leichen von drei jungen Frauen. Darunter die von Mary Henry. Die übrigens nach dem Unfall, also den ganzen Film lang, von einer Erscheinung verfolgt wird. Einem … Hast Du schon einmal eine Leiche gesehen? Ohne Vorbereitung? Plötzlich?

Leichengeruch ist immer süßlich. Moschusartig, vermischt mit dem Geruch von alterndem Fleich. Eine Zeile des Hafez-Gedichts habe ich unterschlagen.

Eh'der Frühwind endlich löste
jenes Stirnhaars Moschusquell,
Wie viel Blut troff nicht in Herzen
aus dem duftumringten Bug

Es reicht. Ich erhebe mich aus dem Feauteuil. Gemächlich. Feierlich. Und renne. Ein viktorianisches Wohnzimmer ist es nicht mehr. Auch keine Märchengrottenbahn.

wird fortgesetzt

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