Samstag, 8. Oktober 2011

Wunderland 31







... und offenbart sich einer Gruppe von Teheraner Feldherren in seinem göttlichen Glanz ...

Während uns die Professorin und Feministin über weitere Aspekte der Teheraner Tempel-Masturbation in Kenntnis setzte, nahm ich einen athletischen, hochgewachsenen Mann wahr, neben einem kleinen, schmächtigen. Wir standen auf der Wiese des schönen Gartens im Innenhof des Instituts. Die beiden schienen in ein Gespräch verwickelt, zugleich hatten sie die Professorin im Auge, als erwarteten sie ihre Aufmerksamkeit. Der Athletische, der auf einmal zu singen begann, zuerst leise, dann lauter, bis die Professorin und Teheraner Feministin verstummte, hatte einen für Süd-Teheran typischen Schnauzbart und sang einen Schlager aus Süd-Teheran, in dem die Vorteile eines Daseins als Mädchen beschrieben werden:

Komm doch mal rüber, Mann,
Und setz Dich
Zu mir hin

Weil ich ein Mä-he-dchen bin
Weil ich ein Mä-he-dchen bin

Keine Widerrede Mann,
Weil ich ja sowieso gewinn

Weil ich ein Mä-he-dchen bin
Weil ich ein Mä-he-dchen bin


[…]

Mitten im Schlager unterbrach sich der Athletische und sagte mit einer klaghaften, fast weinerlichen Stimme: Ich kann das nicht. Ich schaff das nicht. Ich kann das nicht.
Aber Du willst es, sagte oder fragte der Schmächtige, und legte ihm den Arm um die Schultern. Daraufhin ging der Athletische in die Knie und begann zu weinen.
Wann hat sie ihre Weihe?, fragte die Professorin und Feministin, ging zum Weinenden und flüsterte ihm, ohne auf eine Antwort zu warten, ins Ohr.
Ich schaute auf das Mädchen, das mir zu verstehen gab, daß die Professorin und Teheraner Feministin mir schon alles erklären würde – so deutete ich zumindest ihre Blicke und die ein wenig nervösen Bewegungen ihres Kopfes - sagte ich übrigens, daß sie hübsch war?

Später, beim Tee, auf der Dachterrasse des Instituts, erklärte uns die Professorin die seltsame Szene. Beim Studium von Phänomenen wie der Tempel-Masturbation war den Forschern des Instituts die Idee gekommen, daß auch andere sexuelle Probleme der Religion und Gesellschaft Teherans auf ähnliche Weise zu lösen sein müßten, wie es bei der Tempel-Masturbation der Fall war. Indem sich nämlich, sagte die Professorin und Teheraner Feministin, die Religion selbst austrickst. Die Wissenschaftler hatte dabei in erster Linie an das größte, wie die Professorin sagte, sexuelle, religiöse und gesellschaftliche Problem Teherans gedacht – die gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Teheraner Männern.

Unsere Studien, sagte die Professorin und Feministin, brachten uns zu der Überzeugung, daß wenn das Masturbationsproblem in der Teheraner Religion durch die Einführung von Gutscheinen in den Griff zu bekommen war, es eine ähnliche Lösung auch für die Männerliebe geben müßte“, der Junge wandte sich an mich, „In Teheran droht Männern bei gleichgeschlechtlicher Liebe die Exekution, und nach der Exekution die Hölle der Teheraner Religion.

Bei der Lektüre der Filnameh“, der Junge wandte sich wieder an mich, „zu Deutsch Das Buch der Elefanten - eines Epos aus der Frühzeit der Teheraner Religion - war eine Mitarbeiterin der Professorin dann auf eine bemerkenswerte Passage gestoßen: Einmal als die Anhänger der Religion Teherans im Kampf gegen die Ungläubigen in Bedrängnis geraten, kommt der Gott der Teheraner Religion als Recke mit dem stärksten, schönsten und vollkommensten Körper auf die Welt, um dem Heer der Religion Teherans beizustehen. Eines nachts lüftet er das Geheimnis und offenbart sich einer Gruppe von Teheraner Feldherren in seinem göttlichen Glanz - woraufhin sich diese zu Boden werfen und ihm zunächst die Füße, dann die Unterschenkel, die Kniekehlen, die Oberschenkel, die Hüften, den Bauch, die Brust, die Schultern, den Hals und den Mund küssen, und indem sie den Duft seines Körpers riechen, resp. seinen Schweiß trinken, geraten sie in eine Trance. Der Schweiß und der Körpergeruch des Gottes der Religion Teherans wirken als militärische Droge, unter deren Einfluß am Morgen des folgenden Tages die besagten Feldherren das Heer der Religion Teherans zum Endsieg über den Feind führen.

Das Buch der Elefanten, so die Professorin, beschreibe den Geruch und die Form der Kniekehle des Gottes der Teheraner Religion als köstlicher als die Kniekehle des köstlichsten Mädchens.

wird fortgesetzt

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